Titel: Captum. Born Twice
Autorin: Isabel Kritzer
Verlag: Drachenmond – März 2019
Buch: 14,90€
eBook: 6,99
Seiten: 470
„Sie oder er – wieder und immer wieder. Erwachsene, Kinder – Opfer. Doch wie viele von ihnen war er wert? Einen, alle – die er getötet hatte – oder keinen? Er „kannte“ diese Kinder, obwohl er ihnen nie zuvor persönlich begegnet war, weil sie aller gewissermaßen gleich tickten. Es war deshalb egal, welche Namen sie trugen. Welche Vergangenheit sie hatte.
Er wusste, was sie fühlten.
Er wusste, was und wie sie dachten.
Er war einst wie sie gewesen, nur würden sie nie wie er werden. Sie würden davor sterben. Er würde vielleicht überleben, wenn er sie tötete. Doch würde er mit einer Schuld leben, die ihnen fremd war. „S. 264
Inhalt
Ein SOLDAT. Zwei NAMEN. Zwei LÄNDER. Ein KRIEG. Einer unter Millionen. Als die kleine Mia den abgemagerten David auf einer mexikanischen Müllhalde vor dem Hungertod rettet, ist es für beide ein Tag wie jeder andere und doch einer der letzten dieser Art. Geboren in der Hölle, gefangen inmitten von Grausamkeit und Tod, strebt David danach, seinem Schicksal zu entfliehen … So beginnt die Geschichte eines genialen Jungen, der vom Militär zum Killer ausgebildet wird und immer tiefer im Sumpf des Drogenkriegs zwischen den USA und Mexiko versinkt. Einzig das Bild zweier grüner Augen begleitet stets seinen Weg. Doch als Erinnerung und Realität auf feindlichem Gebiet kollidieren, muss er sich entscheiden: Wird er töten, um zu überleben?… (Quelle: Klappentext)
Meine Meinung
Mir fällt es tatsächlich gar nicht so leicht meine Meinung in Worte zu fassen – versuchen möchte ich es dennoch. Vielleicht beginnen wir mit etwas Einfacherem. Mit dem, was Captum nicht ist. Captum ist kein Buch für Zwischendurch; kein Buch, das ablenkt.
Captum ist ernst, es ist real. Es sensibilisiert. Captum lässt innehalten, bewegt, macht nachdenklich. Ich war wütend und traurig, hatte Hoffnung und war gleichzeitig hoffnungslos, fühlte mich machtlos, spürte die Ungerechtigkeit, war sprachlos und hatte gleichzeitig das Gefühl innerlich nicht genug schreien zu können. Wie oft sind wir unzufrieden mit dem was wir haben? Wie oft streben wir nach mehr? Wie selten ist uns bewusst, was ein paar Flugstunden von uns entfernt passiert?
Ich habe dieses Buch echt oft an die Seite gelegt, musste den Inhalt sacken lassen, musste durchatmen.
„Es war eine bewegende Geschichte gewesen. Eine von der Sorte, die im Gedächtnis haften blieb. Die dir eigenen Gedanken noch lange nach Ende der Erzählung beschäftigte. Bewusst oder unbewusst. Eine Sorte, die man gerne hörte oder las, aber nicht selbst erlebte. Eine bei der man an vielen Stellen nicht wusste, ob ein Lachen oder eine Träne gerechtfertigt wäre. Eine, die viele Dinge hinterfragte. Gewohnheiten, die man schließlich doch nicht änderte. Ungerechtigkeiten, die man nicht ändern konnte“ aus Captum
Cover:
Das Cover ist genial und passt einfach perfekt zum Inhalt!
Charaktere
Die Charaktere sind authentisch, haben Tiefe und agieren nachvollziehbar.
David
„Mein Ich schlummerte irgendwo tief begraben, unter einer Vielzahl von Masken. Masken, die mir inzwischen zu einer zweiten Haut geworden sind. Die ich je nach Belieben im Alltag einsetzte, ohne dass sie mir wie Masken vorkommen. Die inzwischen zu mir gehören, obwohl sie nicht ich sind.“ S.428
David kann rechnen und schreiben, seine Eltern kennt er nicht. Seine Kindheit war geprägt von Hunger, Angst und Not. Geprägt von Verlust und doch blieb Hoffnung. Früher arbeitete er als Schuhputzer, wurde Mitglied einer Gang, dann verließ er Mexiko und wurde zum Soldaten. Er verpflichtete sich der Infanterie. Dort geht es um strategische Züge, um Gefährdungslagen und den Schwierigkeitsgrad mit dem sie verschiedene Szenarien einzustufen haben. Es geht um Kosten, um Risikominimierung und Kriseninterventionen.
Mia
Mia hat schwarze Haare, dunkle Haut und grüne Augen. Sie ist sein Stern in der Dunkelheit. Sie sieht in allem etwas Positives, macht für David aus allem etwas Gutes. Sie bringt Farbe in das Triste Grau seines Alltags. Auch sie kann lesen, schreiben und rechnen und kennt ihre Eltern nicht. David hat sie als Baby am Rand einer Mülldeponie gefunden. Sie singt und tanzt um Geld zu verdienen.
Die Handlung
Wir lernen David über sein ganzes Leben hinweg kennen. Sehen den kleinen Jungen und den alten Greis. Erleben prägende Ereignisse mit ihm, spüren seinen Hunger, seine Wut, seine Trauer und natürlich auch die Schuld. Schuldgefühle, die dieses Buch und seine Geschichte unweigerlich heraufbeschwören.
Der Schreibstil
Der Schreibstil ist eindringlich und bildgewaltig. Er geht unter die Haut und berührt zutiefst.
Fazit
Ich hoffe, dass dieses Buch viele Menschen erreicht und danke Isabel von ganzem Herzen dafür, dass sie diese Geschichte niedergeschrieben hat. Mia und David – vor allem David wird noch lange in meinem Kopf verbleiben. Während des Lesens wird einem bewusst, wie gut man es doch eigentlich hat. Wie unwichtig unsere Probleme im Vergleich zu dem kleinen, fast verhungertem David sind.
Ich danke der Autorin für die Bereitstellung des Rezensionsexemplars. Dies hat meine Meinung in keiner Weise beeinflusst.